Schlagwort-Archive: Roman

Karin schweigt, und Friedhelm furzt.

„Urlaub mit Esel“ will Karin mal einmal nicht machen, und schickt ihren Björn deshalb in die Uckermark. Alleine. Wir ahnen: Sie hat mit ihm die Krise, und er es nicht gemerkt. Das soll die Reise ändern.

Mit vielen Klischees über die Uckermark, die Heimat Angela Merkels, beginnt das Unternehmen und damit eben auch Björns Geschichte. Wir reisen mit ihm, haben genau seine Vorbehalte gegen den Trip, seine Vorurteile gegen die Gegend und seine Probleme mit Friedhelm. Der ist nämlich sein störrischer Wegbegleiter. Bockend und furzend. Ja, da schreibt Gantenberg echten Slapstick.

Das Bemerkenswerte an diesem Buch ist wieder mal das Markenzeichen des Autors: Mit viel Humor transportiert er tiefere Einsichten. Ohne kitschig oder gefühlsduselig zu werden. Das besorgen vor allem bedrückend echte Mails und SMS zwischen zwei Partnern, die an verschiedenen Stationen ihrer Ehe angekommen sind und nurmehr zwischen den Zeilen kommunizieren. Der eine verzweifelt schwafelnd, die andere resigniert kühl. Dazwischen Uckermark und Ungewissheit. Karin schweigt, und Friedhelm furzt. weiterlesen

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Lesebefehl: „Zwischen allen Wolken“ – ein Buch wie ein Inselurlaub

Mehrere tragische Todesfälle, schräge Charaktere, eine Liebe ohne Happy-End – und doch ist „Zwischen allen Wolken“ ein wunderbares Sommerferienbuch.

100626_gantenberg_cover220Michael Gantenberg erzählt in seinem zweiten Roman die Geschichte einer Abiturientin auf einer kleinen Nordseeinsel. Da braucht man doch nicht 326 Seiten für, möchte man denken. Doch doch, wenn man so skurrile Verwandte hat wie Gesa und neben dem Abitur das Leben grad absurde Volten schlägt, dann sind 326 Seiten gerade genug.

Ihr Bruder stirbt und bleibt dennoch bei ihr, sie bekommt einen neuen Opa, Oma bekämpft als Wattfee zwischen Sand- und Mischwatt unerfüllte Kinderwünsche, Mutter entdeckt ihre mütterlichen Gefühle für eine Ente namens Jean-Pierre, Papa hält es nicht mehr aus, und Tante Nele hat ihre ganz eigene Art, auf der Ferieninsel Patienten zu aquirieren. Ein höchst unterhaltsames Gespann, das da auf Nördrum sein Dasein zwischen Strandkörben und Rührei zum Frühstück fristet. Und doch weit entfernt von Figuren-Holzschnitt à la Ohnsorg-Theater.

Mit welcher emotionalen Wärme, Liebe zum Detail  und gewitzten Psychologie Gantenberg seine Figuren zeichnet: ein Lesegenuss zwischen Schmunzeln, lautem Lachen und trauriger Anteilnahme. Wie sich dieser erwachsene Autor weit jenseits der Pubertät einfühlt in die Gefühls-Zwickmühlen einer 18-jährigen, trauernden Verliebten, die mitten im Bio-Lernen-Abistress auch noch immer mehr Verantwortung für den Familienbetrieb bekommt, das beeindruckt. Dabei wird er nie gefühlsduselig oder kitschig, trifft immer den richtigen Ton.

„Zwischen allen Wolken“ von Michael Gantenberg ist im Fischer Verlag erschienen und kostet 14,95.

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Ja, er kann es noch: Grisham zum 21sten

090924_grisham200Er ist immer noch der Alte – und das ist ausdrücklich als Lob gemeint: Wer geblaubt hatte, John Grisham gingen langsam die juristisch motivierten Substantive aus, der sieht sich getäuscht. Auch wenn er bei „Berufung“ jetzt zum ersten Mal ohne den bestimmten Artikel daher kommt – nach Titeln wie „Die Akte“, „Die Jury“, „Der Richter“, „Die Begnadigung“ und natürlich „Die Firma“.

Da waren viele brillante Titel bei, die ihresgleichen suchen. Ganz so genial, packend, mitreißend, hungrig machend auf den nächsten ist dieser Grisham sicher nicht. Und doch: Englisch nennt man ein Buch wie „Berufung“ wohl Pageturner – es zieht einen rein und man blättert fast wie in Trance immer weiter, bis es (leider) zu Ende ist. Das schafft er auch beim 21. von inzwischen 22 Romanen immer noch.

Worum gehts? Um den Kampf der kleinen Leute, die unter den Sauereien der Großkonzerne leiden. Brisant in Zeiten der Wirtschaftskrise. Da hat ein Chemiekonzern über Jahre das Grundwasser einer ganzen Stadt vergiftet, die leidet nun unter der höchsten Krebsquote der ganzen USA. Deswegen verklagen die Opfer den Konzern – und gewinnen. In der ersten Instanz. Das Kapital setzt auf die Berufung – und will sich dafür das Gericht kaufen. Eine ebenso einfach gestrickte wie beängstigend realistisch anmutende Story – doch man muss dem Juristen unterstellen, dass er gut recherchiert hat und weiß, wovon er schreibt. Ja, er kann es noch: Grisham zum 21sten weiterlesen

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