Putschpläne im Weißen Haus

Ein Krimi, noch spannender als die Nachrichten. Mit einem, den wir aus den Nachrichten inzwischen gut kennen. Das ist “Der Präsident” von Sam Bourne.

“Der Präsident”: Na welcher denn? Na welcher wohl? DER natürlich. Der der USA. Und das scheint ein ziemlich unmöglicher Typ zu sein. So dass selbst seine Minister Putschpläne schmieden. Er hat sich schon einiges geleistet: Hat die Mülltrennung abgeschafft. Lässt seine Mitarbeiter flächendeckend Kalender mit nackten Frauen im Weißen Haus aufhängen. Twittert nachts um drei sexistischen Blödsinn. Ach ja, und dann gibt er mitten in der Nacht den Befehl, Nordkorea und China mit Atomwaffen auszuradieren.

Realer Irrsin. Weitergedacht.

Bis auf das letzte klingt das mehr oder weniger wie aus den Nachrichten abgeschrieben. Aber so richtig wohl fühlen wir uns alle nicht mit Mr. Trump am Atomknopf, oder? Insofern könnte man sagen, Sam Bourne hat hier in seinem Thriller den realen Irrsinn nur ein bisschen weitergedacht. Und man weiß nicht so richtig: Soll das Fiktion sein, Realsatire oder ein politischer Debattenbeitrag? Selbst dem aufmerksamsten Leser wird es nicht gelingen, im Buch einen Namen des Präsidenten zu finden. Wir sollen da eben als Leser den echten Donald vor Augen haben. Die Sunday Times nennt das Buch eine beißende Satire.

Zum Thriller macht das Buch, dass sich zwei, die ganz nah dran sind am Präsidenten, gegen ihn verschwören. Stabschef und Verteidigungsminister sind sich sicher: Der Mann muss weg. Er ist eine reale Gefahr für das Land und für die Welt. Und dazu spielen sie alle Optionen durch. Wirklich alle. Eben bis hin zur Idee, den Präsidenten zu ermorden.

Es droht das Ende der Demokratie

Ich frag mich lange: Ist das für den Autor eine ernsthafte Option? Und das bringt auch mich als Leser in ein Dilemma. Denn die Verschwörer machen sich die Entscheidung nicht leicht. Argumentieren selbst mit der Verfassung. Und eine andere Figur, die von den Plänen Wind bekommt, nimmt die Gegenposition ein. Ist sozusagen die Stimme der Vernunft. Ja, für die USA war Regimechange in anderen Ländern, die ihnen nicht passten, immer eine Option. Aber im eigenen Land? Das wäre Verrat an der Verfassung, womöglich das Ende der Demokratie.

Der Autor, Sam Bourne, ist Journalist. Da sind die Nachrichten sein tägliches Geschäft. Eigentlich heißt er Jonathan Freedland, ist Brite, war auch Reporter für die Washington Post. Ist aktuell bei der BBC. Mein Eindruck: Der spielt hier Optionen durch. Was wäre, wenn? Der Thriller als Gedankenspiel. Was er als Journalist nicht schreiben kann, das verpackt er in eine fiktionale Handlung. Da kann er das alles schreiben.

Gucken Sie direkt danach keine Nachrichten!

Mein Fazit: Ein kleines bisschen subtiler, ein bisschen weniger 1:1 Trump wäre mir lieber gewesen. So von der Ausgangslage her. Und wenn der Stabschef über die natürliche Überlegenheit des heterosexuellen weißen Mannes schwadroniert, dann ist das sehr real – Entschuldigung – zu, Kotzen. Ich hab’s aber wirklich sehr gerne gelesen. Zumal nicht alles so läuft, wie ich es erwarte. Es ist spannend, skurril, es regt tatsächlich zum Nachdenken an. Und das funktioniert jetzt in den Ferien auch am Pool oder auf dem Balkon. … Dann aber vielleicht nicht direkt danach Nachrichten gucken, sonst kommen Sie noch durcheinander…

Sam Bourne
Der Präsident
Verlag: Bastei Lübbe
ISBN: 978-3404176588
Preis: 10,00 €

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