“Der Blogger” ist unser heutiger Tipp für Sie. Ein Krimi um einen Mann, der Skandale enthüllt. Nicht als Zeitungsredakteur oder Journalist beim Radio oder Fernsehen, sondern als Einzelkämpfer im Internet.
Seine Gegner sind nicht, wie im echten Leben letztens bei netzpolitik.org, die Geheimdienste, sondern die Pharmaindustrie. Dabei stellt der Krimi von Patrick Brosi auch die Frage, wem wir eigentlich glauben können, wer von wem instrumentalisiert wird. Ich hab das Buch für WDR 2 besprochen.
Story
Ein Blogger ist verschwunden, der dramatische Enthüllungen über einen Pharmakonzern angekündigt hatte. Ein Leiche wird im Titisee gefunden. Der Blogger? Oder wäre das zu einfach? Eine junge Journalistin ist dem Mann auf der Spur. Ein Schweizer Pharmamanager hadert mit seinem bisherigen Leben, bekommt es mit seinem Gewissen zu tun. Außerdem schießen zwei Männer fürs Grobe im Schwarzwald um sich und lösen irgendwen in Säure auf. Klingt jetzt verwirrend, diese ganzen Handlungsfäden werden auf zwei Zeitebenen aber geistreich und sehr nachvollziehbar miteinander verwoben.
Hauptperson
Bernhard Nagel, Kommissar bei der Freiburger Kripo. Er trägt schwer an sich und seiner Unfähigkeit, gesund zu leben. Kann sich aber auf seinen Instinkt verlassen. Auch in diesem Fall der Wasserleiche. Dass er auf eigene Faust ermittelt, nichtmal seine engsten Kollegen mit einbezieht, ist angesichts seines inkompetenten Chefs verständlich, aber diesmal verhängnisvoll. Wobei mir noch keiner die Frage beantwortet hat, warum Vorgesetzte in Krimis immer doof sein müssen. Aber okay…
Nebenpersonen
Die wichtigsten sind der Blogger, die Journalistin, die ihn sucht, und der reuige Pharmamanager. Alle Figuren verbindet: Ständig schluckt irgendwer irgendwelche Pillen. Hier wird mindestens soviel Diclofenac eingeworfen wie in Krimis sonst Kaffee getrunken wird.
Schauplatz
Hier wird gemordet, wo andere Urlaub machen: Im beschaulichen Schwarzwald rund um den Titisee. Denn von hier ist es nicht weit in die Schweiz, nach Basel. Da sitzen die großen Pharmakonzerne, bei denen die Fäden dieses Romans zusammenlaufen.
Härtefaktor
Hält sich in Grenzen. Aber es gibt ein paar Szenen… Details der Körperauflösung im Säurebad braucht jetzt bestimmt auch nicht jeder Leser, aber interessant ist es schon!
Autor
Patrick Brosi, ein 28-jähriger Informatiker aus Freiburg. In seinem Hauptjob analysiert und visualisiert er Verkehrsdaten. Sein schon zweiter Krimi “Der Blogger” liest sich deutlich spannender, als sich der Informatikjob anhört. Brosi schreibt präzise, nicht verkünstelt. Mitten rein in die Handlung, ins Leben der Figuren. Die brauchen keine großen Vorreden, stellen sich durch ihr Tun und Reden schon selber vor.
Fazit
Da hab ich mir gerade meine Theorie zurechtgelegt, wie das alles zusammenhängt – und dann haut die Geschichte sie mir wieder durcheinander. Gerade durch das Spiel mit den zwei Zeitebenen – heute und vor einem Monat – gelingt das besonders gut. Und gegen Ende sitz ich da und frag mich kopfschüttelnd: Wie konnte mir das entgehen? Ich meine sogar im Text die Freude des Autors darüber rauszulesen, dass er mich und bestimmt noch viele andere Leser gezielt auf die falsche Fährte gelockt hat. Denn eine entscheidende Frage stellen sich lange weder die Figuren noch wir. Um rauszufinden, welche das ist, schon allein deshalb sollten Sie “Der Blogger” lesen.
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