Mitten in Köln, an einem Springbrunnen neben dem Dom, wird eine Frauenleiche gefunden. Abgelegt mitten im Touristentrubel. Was ja schon tollkühn ist…
Der Kölner Krimi „Im Schatten der Kathedrale“ beginnt mit diesem Leichenfund. Ein Albtraum für die Polizei, denn sie ahnt: Sie hat es mit einem Mörder zu tun, der die Herausforderung sucht. Und das nicht nur bei der Wahl des Fundortes für seine Leiche. Sondern auch bei der Tat selbst: Die tote Frau ist nämlich aufwändig und stilvoll geschminkt und verziert mit einer großflächig in die Haut eingeritzten Rose. Daher finden die Beamten für sie schnell die Bezeichnung “schöne Tote”.
Kein herkömmlicher Serienmörder-Krimi
Klingt nach einem durchgeknallten Mörder, der es dann meist nicht bei einem Opfer belässt. Und tatsächlich wird schon bald ein zweites Opfer gefunden. Da droht es ein herkömmlicher Serienmörder-Krimi zu werden. Aber dieser hier belässt es nicht bei den erwartbaren Zutaten, und deswegen packt er den Leser. Aus mehreren Gründen. Erstens zwei richtig gute Typen als Ermittler: Lukas Rosenzweig und Lisa Voigt. Die schenken sich nichts und können doch nicht ohne einander. Ihre Dialoge lesen sich lebensnah und authentisch. Mit der richtigen Portion Humor.
Raffiniert konstruiert
Außerdem die Konstruktion der Erzählung. Wir nähern uns der Lösung des Falls auf zwei Wegen: Zum einen ausgehend von der ersten Leiche mit den Kommissaren. Und in kürzeren Kapiteln immer wieder dazwischen springen wir zwei Jahre zurück. Sind beim – da noch künftigen – Mörder. Und sind dabei, als seine Entwicklung hin zur Tat beginnt. Bewegen uns von da immer weiter in Richtung Gegenwart. Während also auf Ebene eins geguckt wird, wer er ist, der Täter, kümmert sich Ebene zwei ums Motiv. Und auch wenn diese Täterperspektive oft schon zu viel verrät – hier ist sie richtig gut gelungen.
Der Krimi spielt zwar in Köln, ist aber kein typischer Regionalkrimi. Hier steht nicht die Stadt mit ihren Eigenheiten im Vordergrund, es wird nicht überall Lokalkolorit drübergekippt wie Vanillesoße. Köln ist “nur” Kulisse, eine, die viele kennen (zumindest den Dom), das macht die Orientierung etwas leichter und holt den Krimi – ein bisschen wie beim ARD-Tatort – näher an den Leser und seine Welt heran.
Total lesenswertes Debüt
Störend für den Rezensenten allerdings: Dauernd betonen die Kommissare den “Kölschen Klüngel”, als hätten die Kölner nicht nur den Karneval und das dünne Bier, sondern auch Vetternwirtschaft und Korruption in einer besonders raffinierten Form erfunden. Das war ihm zu viel. Als Kind des Ruhrgebiets stellt er dazu fest: “Liebe Kölner, dat gibtet bei uns auch!”
Fazit: Total lesenswert! Ute Maria Bernatzki hat hier ein bemerkenswertes Erstlingswerk hingelegt. Spannung, Humor, Miträtseln, unerwartete Wendungen: Da ist alles dabei, was gute Krimiunterhaltung braucht.
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